Schlaglichter der BWL
Klassiker, Ideen, Begriffe. Eine Auswahl des VHB
Umweltkostenrechnungen sind Kostenrechnungssysteme, mit denen die Kosten der input-, prozess- und outputbedingten Umweltwirkungen sowie von Umweltschutzmaßnahmen ermittelt werden. Nachdem diese Rechnungen vor allem in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts besondere Aufmerksamkeit erfahren haben, sind sie im Zuge der nachfolgenden primären Ausrichtung auf die Interessen der Shareholder eher in Vergessenheit geraten. Dieses hat sich mit der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeit für Unternehmen geändert. Im Nachhaltigkeitsmanagement sind die Aktivitäten eines Unternehmens unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette auf die Zieldimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales auszurichten. Selbst für Unternehmen, die ökologische und soziale Ziele nur als Mittel zum Zweck zur Erreichung ökonomischer Ziele begreifen, stellen die ökologischen Folgen der unternehmerischen Tätigkeit einen der zentralen Faktoren für den langfristigen Erfolg dar. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Umweltkostenrechnungen in Theorie und Praxis wieder größere Beachtung erfahren.
Es existieren unterschiedliche Ansätze von Umweltkostenrechnungen, die sich beispielsweise bezüglich des Umfangs und der Zurechnung der berücksichtigten Kosten sowie der Integrationsfähigkeit in andere Kostenrechnungssysteme unterscheiden. Bei der Analyse neuerer Umweltkostenrechnungen wie zum Beispiel der Materialflusskostenrechnung, die auf die Schaffung von Transparenz über die Material- und Energieflüsse abzielt und durch eine strikte Trennung der Kosten für Produkte und Materialverluste gekennzeichnet ist, zeigt sich, dass diese vielfach wegen ihrer unzureichenden produktions- und kostentheoretischen Fundierung nur begrenzt als Basis zur Lösung von Planungsaufgaben geeignet sind. Demgegenüber zeichnen sich gerade die im deutschsprachigen Raum z. B. von Kilger, Kloock, Küpper, Schweitzer und Riebel entwickelten Kostenrechnungssysteme durch eine solche theoretische Fundierung aus, womit sie eine gute Grundlage zur (Weiter-)Entwicklung von Umweltkostenrechnungen bieten. Umweltwirkungen sind Kuppelprodukte, die in prozessorientierten Produktionsfunktionen differenziert berücksichtigt werden können. So können die für die Erderwärmung verantwortlichen CO2-Emissionen als ein Kuppelprodukt erfasst werden, wodurch ein prozessorientiertes CO2-Management ermöglicht wird. Darüber hinaus können die Informationen für die Erstellung von Öko-Bilanzen genutzt werden, in denen Materialien und Energie als Input und Produkte und Emissionen als Output gegenübergestellt werden.
In einer Umweltkostenrechnung wird mit der Ableitung der Kostenfunktion aus der Produktionsfunktion eine Bewertung der Mengengrößen vorgenommen. Zur Sicherstellung des langfristigen ökonomischen Erfolgs können zusätzlich zu den internen auch externe Umweltkosten ermittelt werden, so dass auch die (noch) von der Gesellschaft getragenen Kosten bei unternehmerischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Insgesamt stellen Umweltkostenrechnungen mit der differenzierten Zurechnung von internen und externen Umweltkosten zu Produkten und Produktgruppen, Produktionsstätten, Kundinnen, Kunden und Kundengruppen, Absatzgebieten, Geschäftseinheiten und anderen Kalkulationsobjekten relevante Informationen für das Nachhaltigkeitsmanagement bereit, weshalb sie ein wichtiger Bestandteil des Nachhaltigkeits-Controlling sind.