Schlaglichter der BWL
Klassiker, Ideen, Begriffe. Eine Auswahl des VHB
Wer in den Supermarkt zum Einkaufen geht, kommt an Produktzugaben kaum vorbei. So erhalten Kundinnen und Kunden beim Kauf einer Müsli-Packung ein Spielzeug dazu, oder zu einer Kiste Bier gibt es als Zugabe ein Bierglas. Unternehmen bieten diese „Geschenke“ an, um ihren Absatz zu steigern. Sie hoffen, dass Kundinnen und Kunden die Zugabe entweder gebrauchen können oder aber sich einfach über das Geschenk freuen und Spaß damit haben. Sind solche Kampagnen gut gemacht, können sie sehr erfolgreich sein, wie viele Beispiele aus der Praxis zeigen.
Aber helfen Geschenke immer? Nun, wenn ich so frage, können Sie sich sicher schon denken, dass die Antwort „nein“ lautet. Vielleicht denken Sie auch „na und“? Wir wissen doch, dass Marketing nicht immer funktioniert. Das Bemerkenswerte an Produktzugaben ist allerdings, dass sie im schlimmsten Fall nicht nur ohne Effekt bleiben. Vielmehr können Produktzugaben den Absatz sogar senken. Simonson, Carmon und O’Curry haben dies in den 90er Jahren erstmals mit Experimenten gezeigt, und etliche spätere Studien haben den Effekt bestätigt, auch mit Marktdaten. Es droht also der Albtraum von Marketing-Managerinnen und -managern: Sie geben Geld aus und verkaufen als Konsequenz weniger. Ein negativer Effekt von Zugaben kann verschiedene Ursachen haben. Kundinnen und Kunden können das Geschenk als Zeichen für schlechte Qualität werten („Das Unternehmen wird seine Produkte wohl sonst nicht los.“) oder denken, dass sie die Zugaben indirekt doch mitbezahlen. Weiterhin können sich Kundinnen und Kunden durch den starken Anreiz manipuliert fühlen und „Reaktanz“ zeigen, d. h. gerade nicht das vom Unternehmen gewünschte Ver¬halten an den Tag legen.
Was sollen Unternehmen also tun? Sicherheitshalber auf Produktzugaben verzichten? Das wäre schade. Vielmehr sollten sie Zugaben richtig einsetzen und vor dem Einsatz testen. Beim richtigen Einsatz geht es darum, die richtigen Zugaben für die richtigen Produkte anzubieten. Etliche Studien haben inzwischen Erfolgsfaktoren von Produktzugaben identifiziert, von denen hier drei beispielhaft genannt seien:
- Nützliche Zugaben funktionieren besser als solche, die nur Spaß machen. Konsumentinnen und Konsumenten finden lustige Zugaben zwar unterhaltsam – zum Kaufen animieren allerdings eher Geschenke, die sie auch tatsächlich gebrauchen können.
- Die Zugabe sollte nicht zu ähnlich zum Produkt sein. Z. B. erreicht eine Zeitschrift wenig mit einem Extraheft als Beilage – hilfreicher wäre hier eine Zugabe, die auffällt und wirklich als ein „Extra“ empfunden wird und nicht nur als „more of the same“.
- Zugaben funktionieren besser bei Produkten mit guter Qualität. Sie können nicht von schlechter Qualität ablenken, sondern nur attraktive Produkte noch attraktiver machen.
Schließlich gilt für Produktzugaben wie für so viele Marketing-Maßnahmen: Marktforschung hilft. Managerinnen und Manager sollten die Wirksamkeit ihrer Zugaben unbedingt vor dem Einsatz testen – bereits einfache Befragungs-Studien können hier sehr aufschlussreich sein. So können Geschenke gefunden werden, über die sich Kundinnen und Kunden tatsächlich freuen.
Quellenangaben
Simonson, Itamar, Ziv Carmon, and Suzanne O'Curry (1994). "Experimental Evidence on the Negative Effect of Product Features and Sales Promotions on Brand Choice", Marketing Science 13 (1), 23-40.
Gedenk, Karen, Sascha Hoffmann, and Claudia Fantapié Altobelli (2013). "Premium Promotions: Do They Work, and What Drives Their Effectiveness?", Working Paper Universität Hamburg.
Gedenk, Karen, Tjorven Blöbaum, Michael Knaf, Christian Lutzky, and Maik-Henrik Teichmann (2019). „Drivers of Premium Promotion Success“, Working Paper Universität Hamburg.