Schlaglichter der BWL
Klassiker, Ideen, Begriffe. Eine Auswahl des VHB
Einige Jahre bevor er Verteidigungsminister der USA unter Präsident Dwight Eisenhower wurde hatte Neil H. McElroy eine Idee. Am 13. Mai 1931 verfasste er dazu ein Memo[1]. Auf drei Seiten skizziert er eine Innovation, mit der man seinen Arbeitgeber durch die große Depression sicher steuern können sollte. Er definiert die Kernaufgaben von Mitarbeiterteams, die für den Verkauf nur noch eines einzigen Produkts verantwortlich sein sollten. Er taufte diese Produktmanager „Brand Men“. Es war die Geburtsstunde des ab den 1950er Jahren im Marketing dominierenden Brand Management Systems. McElroy war ein junger Mitarbeiter bei Procter & Gamble, dessen Präsident er später wurde und das heute einer der größten Konsumgüterhersteller der Welt ist.
Der englische Begriff „Brand“ ist relativ alt. Er stammt aus dem Germanischen und bedeutet laut Oxford Wörterbuch Brandzeichen. In Ägypten wurden schon vor ca. 5000 Jahren Nutztiere mit Brandmarken versehen, um sie deren Besitzern eindeutig zuordnen zu können. Während sich später im Englischen das Wort Brand als Identifizierungsmerkmal von Produkten etablierte, setzte sich demgegenüber im deutschen Sprachraum der Begriff Marke durch. Das mittelhochdeutsche Wort „marc“ bedeutet laut Duden so viel wie Grenze. Die Menschen haben alle Arten von Gütern schon sehr früh markiert. Archäologinnen und Archäologen dokumentieren beispielsweise systematisches „Branding“ im alten Rom, wo alleine über 1000 verschiedene Töpfereimarken existierten. So wurden mittels Siegeln, Namen, Piktogrammen, Farben, Mustern oder Formen den Käuferinnen und Käufern Informationen über Ursprungsland, Hersteller und mithin die Art und Qualität der Töpferarbeit vermittelt.
Die Entwicklung des Markenmanagements ist eng verbunden mit der Entwicklung des Marketings als Unternehmensaufgabe und der Werbung als ein zentrales Werkzeug. Um ihre Marken bekannt zu machen, haben zum Beispiel die Hersteller von Seifen in den 1920/30er Jahren Dramaserien im Radio und frühen Fernsehen für Werbung genutzt (daher der Name Seifenoper/Soap Opera). Heute definiert man eine Marke als die mit einem Unternehmen und seinen Produkten verbundenen Assoziationen aus Sicht der (potenziellen) Kundinnen und Kunden[2]. Marken beeinflussen das Verhalten von Käuferinnen und Käufern und stellen somit einen wertvollen Vermögenswert für Unternehmen dar. Dieser Markenwert (Brand Equity) wird bei manchen Unternehmen bis in den dreistelligen Milliarden Euro-Bereich hinein taxiert[3]. Ein erfolgreiches Marketing ist ohne Werkzeuge, die Markenbild (Brand Image), Markenpersönlichkeit (Brand Personality) oder Markenidentität (Brand Identity) steuern und deren ökonomischen Nutzen messbar machen undenkbar geworden.
Was wird die Zukunft bringen? Marken werden wichtiger für den Erfolg, aber auch schwieriger zu steuern sein. Der permanente digitale Furor wird weiterhin das Vertrauen in das was wahr ist erschüttern. Gleichzeitig müssen Unternehmen zu den wichtigen gesellschaftlichen Fragen Stellung beziehen. In diesem Spannungsfeld könnten zu passive Unternehmen die Kontrolle über ihr Bild in der Öffentlichkeit verlieren. Diese Risiken sind aber Chancen für die aktiven Unternehmen, denen es gelingt mit ihren Marken den Konsumentinnen und Konsumenten wie ein Leuchtturm im digitalen Sturm den ersehnten Hafen zu weisen.
Quellenangaben
[1] Aimé, I.; Berger-Remy, F.; Laporte, M.-E. (2018). Lessons from nearly a century of the brand management system. Journal of Historical Research in Marketing, 10(4): 420-450.
[2] Keller, K L. (1993). Conceptualizing, measuring, and managing customer-based brand equity. Journal of Marketing, 57(1): 1-22.
[3] Interband (2021). Best global brands 2020, URL: https://www.interbrand.com/best-brands/.