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Schlaglichter der BWL

Klassiker, Ideen, Begriffe. Eine Auswahl des VHB

Digitale Nudges beeinflussen unser Verhalten täglich. Unsere Smartwatch erinnert uns daran, uns mal wieder zu bewegen. Im Büro ist der Drucker so voreingestellt, dass wir automatisch doppelseitig drucken. Und beim Online-Shopping werden wir darauf aufmerksam gemacht, was andere Kundinnen und Kunden auch gekauft haben.

Digitale Nudges sind Gestaltungselemente auf Benutzeroberflächen wie zum Beispiel Webseiten oder Apps, die das Verhalten von Nutzenden auf vorhersehbare Weise lenken sollen. Diese sanften „Stupser“ umfassen grafische Elemente, Voreinstellungen oder eine spezifische Wortwahl.1 Nudging beruht auf psychologischen und verhaltensökonomischen Erkenntnissen und zielt darauf ab, systematischen Schwächen der menschlichen Entscheidungsfindung entgegenzuwirken bzw. diese zu nutzen.2 Menschen entscheiden selten rational, sondern unter dem Einfluss zahlreicher psychologischer Effekte, wie z. B. sozialer Normen, Status-Quo-Bias oder Ankereffekte, die zu systematischen Fehlentscheidungen führen können. Beim Nudging wird die Entscheidungsarchitektur so verändert, dass gewünschte Handlungsalternativen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gewählt werden.3 Wenn ethisch korrekt angewendet, kommen Nudges dem Entscheidungsträger zugute, bewahren die volle Entscheidungsfreiheit und können ohne größeren Aufwand umgangen werden, falls unerwünscht. Zum Beispiel kann das Essverhalten in Kantinen verbessert werden, indem Obst und Gemüse auf Augenhöhe platziert werden, ohne ungesunde Alternativen vom Menü zu streichen.

Angesichts der zunehmenden Zahl von Entscheidungen, die wir über Bildschirme treffen, hat Digitales Nudging in Forschung und Praxis an Bedeutung gewonnen. Digitales Nudging ist ein vielversprechender Ansatz, um individuelle und gesellschaftliche Herausforderungen, wie zum Beispiel die Transformation des Konsums in Richtung Nachhaltigkeit, bessere Gesundheit und Datenschutz, anzugehen. Studien haben gezeigt, dass digitale Nudges Menschen dazu veranlassen können, beim Online-Einkauf nachhaltige Produkte zu wählen oder energiesparende Verhaltensweisen anzunehmen. Digitale Nudges haben sich auch als wirksam erwiesen, den Verzehr gesunder Snacks oder die körperliche Bewegung mithilfe von Wearables zu steigern. Im Hinblick auf Datenschutz können digitale Nudges Menschen dabei helfen, sichere Passwörter oder Wi-Fi-Netzwerke zu wählen oder Datenschutzeinstellungen so zu setzen, dass sie vor unerwünschter Offenlegung persönlicher Informationen in sozialen Medien bewahrt sind. Weitere Anwendungsbereiche sind die Förderung von Sparverhalten, Spendenverhalten oder Wahlbeteiligung. Im Vergleich zum physischen Nudging sind digitale Nudges in der Regel einfacher, schneller und kostengünstiger zu implementieren. Zudem kann das Nutzungsverhalten mit geeigneten Technologien verfolgt und analysiert werden, um die Wirksamkeit von Nudges genauer zu bewerten und sie möglicherweise zu personalisieren.

Die gezielte Beeinflussung von Entscheidungen und Verhalten wirft jedoch ethische Bedenken auf. So kann der Grat zwischen Entscheidungsunterstützung und Manipulation schmal sein. Ein verantwortungsbewusster Einsatz von Digitalem Nudging verlangt daher die Berücksichtigung ethischer Standards. Um die Akzeptanz digitaler Nudges langfristig sicherzustellen, müssen diese mit den Interessen und Werten der Nutzenden im Einklang stehen. Zudem sollten digitale Nudges und das angestrebte Zielverhalten für Nutzende erkennbar sein, so dass diese den Nudge bewusst umgehen können.

In diesem Sinne: Nudge for good!

Quellenangaben

1 Mirsch, T., Lehrer, C. & Jung, R. (2017). Digital Nudging: Altering User Behavior in Digital Environments, in Proceedings der 13. Internationalen Tagung Wirtschaftsinformatik, St. Gallen, Schweiz.

2 Thaler, R.H. & Sunstein, C.R. (2008). Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness. Penguin Books, London, UK.

3 Mirsch, T., Lehrer, C., & Jung, R. (2018). Making Digital Nudging Applicable: The Digital Nudge Design Method. In Proceedings of the 39th International Conference on Information Systems (ICIS), San Francisco, USA.

Autorin

Christiane Lehrer

Copenhagen Business School

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