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Schlaglichter der BWL

Klassiker, Ideen, Begriffe. Eine Auswahl des VHB

„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ Während Wittgenstein die Bedeutung von Sprache für menschlichen Austausch und Verständnis schon 1922 erkannte, glaubten viele Führungskräfte sowie Managementforscherinnen und -forscher bis vor Kurzem, die Einführung einer einheitlichen Konzernsprache könne alle Kommunikationsbarrieren in multinationalen Unternehmen beseitigen. Die Nutzung einer Lingua Franca wie beispielsweise Englisch stellte sich jedoch als problematischer heraus als erwartet. Da Englischkompetenzen unter den Belegschaften globaler Konzerne meist ungleich verteilt sind, rufen derartige Sprachmandate oft Kommunikationsbarrieren und Missverständnisse hervor. Sprachbarrieren stellen damit bedeutende Hindernisse für internationalen Wissensaustausch und effektive Zusammenarbeit dar. Basierend auf dieser Erkenntnis entstand seit den späten 1990er Jahren ein äußerst aktiver Zweig sprachbezogener Managementforschung.

Ein breites Spektrum theoretischer Perspektiven kommt zum Einsatz, um den komplexen Einfluss von Sprache auf internationale Geschäftstätigkeit zu erfassen. Die interkulturelle Managementforschung beispielsweise betont die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Sprache und zeigt, dass die Wahl einer bestimmten Geschäftssprache damit assoziierte Werte, Denk- und Verhaltensmuster auslösen kann. Organizational Behavior-Forscher erklären anhand sozialer Identitäten, wie Sprachunterschiede innerhalb einer Belegschaft zu Gruppenbildung führen, die Identifikation mit dem Unternehmen schwächen und Wissenstransfer, Kontrolle, Koordination und Kommunikation beeinträchtigen können. Ökonomische Studien korrelieren höhere Sprachdistanz zwischen Nationen mit geringerem Handelsvolumen, während die Strategieforschung Sprache als wichtiges Element psychischer Distanz positioniert und Auswirkungen auf internationale Diversifizierungspfade aufzeigt.

Empirische Befunde zeigen sprachliche Einflüsse auf den unterschiedlichsten Ebenen globaler Wirtschaftskommunikation. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter multinationaler Unternehmen fühlen sich durch Sprachbarrieren belastet, da Sprachkenntnisse über persönliche Karrierechancen entscheiden können. Wer über gefragte Sprachkompetenzen verfügt, kann Informationsflüsse kontrollieren und gelangt leichter in Schlüsselpositionen. Umgekehrt führen fehlende Kenntnisse oft zu Statusverlust. Sprachlich bedingte Kommunikationsbarrieren können auch den Zusammenhalt multilingualer Teams, die Vertrauensbildung zwischen Kolleginnen und Kollegen sowie Führungskräften, das Arbeitsklima, den Wissensaustausch und die Innovationskraft der Gruppe beeinträchtigen. Auf Unternehmensebene beeinflussen Sprachmandate und –praktiken die Beziehung zwischen der Zentrale und ihren Auslandsniederlassungen und den Erfolg strategischer Allianzen sowie internationaler Mergers und Acquisitions. Die Sprachdistanz zwischen Nationalsprachen oder zwischen der Weltsprache Englisch und den offiziellen Sprachen bestimmter Länder beeinflusst Transaktionskosten und entscheidet nicht selten über die Auswahl von Zielländern für Direktinvestitionen. 

Es bleibt noch viel zu tun, um den facettenreichen Einfluss von Sprache auf die globalisierte Geschäftswelt in seiner Gesamtheit zu verstehen. Nicht nur theoretische Erklärungsmodelle zum internationalen Management profitieren von einem tieferen Verständnis dieser Spracheffekte, auch Praxisempfehlungen für effizientes Sprachmanagement und ein inklusives Kommunikationsklima lassen sich daraus ableiten.
 

Autorin

Helene Tenzer

Universität Tübingen

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