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Florian Überbacher, Andreas Georg Scherer:
Indirect Compellence and Institutional Change: U.S. Extraterritorial Law Enforcement and the Erosion of Swiss Banking Secrecy
Erschienen in: Administrative Science Quarterly, 65 (2020)

 

Kurzzusammenfassung 
Unsere qualitative Fallstudie liefert detaillierte Erkenntnisse darüber, warum die USA in der Lage waren, die Schweizerische Regierung dazu zu zwingen, das Schweizer Bankkundengeheimnis - eine Rechtsnorm, welche die Schweiz zuvor rigoros gegenüber ausländischen Angriffen verteidigt hatte - zwischen 2008 und 2013 wiederholt auszuhöhlen. Wie in einem Geiselnahme-Szenario, haben die U.S. Justizbehörden (quasi als "Geiselnehmer") wiederholt damit gedroht, Schweizer Banken (quasi die "Geiseln") anzuklagen und ihren "Geiseln" damit einen höchstwahrscheinlich "tödlichen" Schaden zuzufügen, falls die Schweizer Regierung nicht auf die Forderungen der U.S. Behörden eintreten und das Bankgeheimnis für sie lockern würden. Die Grundlage dafür, dass die U.S. Behörden einen derartigen ‘Geiselnahme’-ähnlichen Hebel anwenden konnten, war die extraterritoriale Anwendung von U.S. Recht: Die U.S. Justizbehörden können ausländische Privatpersonen und Organisationen auch dann strafrechtlich verfolgen und anklagen, wenn deren mutmaßliche Verstöße gegen U.S. Recht im Ausland verübt wurden. Interessanterweise handelt es sich beim geschilderten Vorgehen der U.S. Justiz gegenüber der Schweiz keineswegs um einen Einzelfall. In letzter Zeit sind ausländische Firmen und Manager wiederholt in die Rolle als Geisel der USA geraten, da die U.S. Behörden vermehrt extraterritoriale Strafverfolgung als Hebel nutzen (z.B. gegenüber Firmen, die an der Fertigstellung der Ostsee-Pipeline "Nord Stream 2" beteiligt sind, oder gegenüber chinesischen Hightech-Firmen wie Huawei und Tiktok), um Druck auf ausländische Regierungen ausüben und um diese dazu zu zwingen, auf U.S. Forderungen einzugehen.