Innovationen entstehen in Ökosystemen
Die Keynotes auf der VHB2024
Die Eröffnungs-Keynote zur 84. VHB-Jahrestagung hielt Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Ann-Kristin Achleitner (TU München) am Mittwochmittag, den 6. März 2024. Sie schloss sich Leuphana-Präsident Sascha Spoun grundsätzlich an, der in seiner Begrüßung die angespannte Großwetterlage in der Unternehmenslandschaft skizzierte. Achleitner übersetzte die aktuellen Krisen der Unternehmen in Herausforderungen, indem sie Unternehmen nicht nur als Getriebene, sondern vor allem auch Treiber der Transformation beschrieb: „Man kann den technologischen Wandel wahlweise als externen Schock begreifen – der über Unternehmen hereinbricht. Man kann es aber auch so sehen: Der technologische Wandel manifestiert sich eigentlich erst darin, dass externe Impulse - wie neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfindungen - Ansporn und Gelegenheit bieten, die eigene Produktion, die eigenen Produkte und Dienstleistungen, das eigene Geschäftsmodell aktiv weiterzuentwickeln.“ An die Betriebswirtschaftslehre stellt diese Sachlage freilich hohe Anforderungen. Es sei wohl wahr und richtig, dass die Betriebswirtschaftslehre einen hohen praktischen Gestaltungsanspruch habe, so Achleitner. „Die Frage ist aber auch, welchen Beitrag sie zur Transformation leistet.“
Die Betriebswirtschaftslehre sei im Dreieck von Forschung, staatlicher Rahmensetzung und aktiven Unternehmen eingebunden. Einen positiven Impuls gebe aktuell Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger mit dem Versprechen, öffentliche Daten besser für die Forschung zugänglich zu machen. Viel mehr als in der Vergangenheit ließen (vermeintlich) neue Fragestellungen, darunter die Renaissance der Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen, alternative Blickwinkel auf bisher rein betriebswirtschaftliche Themen zu. Davon gibt sich Achleitner überzeugt: Das Andocken benachbarter Disziplinen an die BWL anzustoßen und zu orchestrieren, verschiedene Perspektiven in eine gemeinsame Sprache zu übersetzen, könne nach vorne blickend eine der wichtigsten Aufgaben der BWL werden.
Inspiration Keynote Speaker Dr. Kourosh Bahrami, Leiter des Geschäftsbereichs Industrieklebstoffe der Henkel-Gruppe, nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Donnerstagmittag, den 7. März 2024 mit auf eine Reise durch die Transformation seines Geschäftsbereichs. Unter dem Titel „Innovation ohne Rückenwind“ beschrieb Bahrami die Hintergründe der Entwicklung von Loctite Pulse, eine industrielle Internet-of-Things (IoT)-Lösung, die zur Zuverlässigkeit kritischer Anlagen beiträgt. „Digitalisierung in jedem Tropfen Loctite“ sei Ziel dieser Entwicklung gewesen. Die zentralen Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit implizierten dabei unterschiedliche Herausforderungen für das Unternehmen. Während Nachhaltigkeit von Kunden nachgefragt werde, so Bahrami, müssten Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht direkt mit Digitalisierung zu tun hat, diese intrinsisch motiviert betreiben. Es gehe ohnehin nicht anders, fügte er hinzu und nannte John Deere, den Traktorenhersteller, als positives Beispiel für die gelungene digitale Transformation eines traditionell nicht-digitalen Geschäftsmodells.
Doch nicht nur um die technische Innovation ging es Bahrami in seinem Vortrag; mindestens ebenso spannend gestalte sich die Transformation der Skill- und Mindsets in den bestehenden Teams. In Zeiten des industriellen Internet of Things gehe es zukünftig stärker darum, Dinge vorherzusagen und zu designen, statt sie zu reproduzieren. Für die anstehende Skalierung, Teil eines jeden Entrepreneurship-Prozesses, könne die Zusammenarbeit mit der betriebswirtschaftlichen Forschung besonders fruchtbar genutzt werden, schloss Bahrami.