Nachwuchspanel 2013

Verziehen wir unseren Nachwuchs?

 

Moderation: Prof. Dr. Dirk Simons, Universität Mannheim

Teilnehmer:

Dr. Jürgen Breitkopf, Programmdirektor in der Gruppe „Graduiertenkollegs, Graduiertenschulen, Nachwuchsförderung“ der DFG,

Prof. Dr. Gunther Friedl, Dekan der TUM School of Management, TU München,

Dr. Jan Thomas Martini, Habilitand, Universität Bielefeld,

Ass.-Prof. Dr. Georg Wernicke, Copenhagen Business School, Absolvent der Graduate School of Economic and Social Sciences (GESS), Universität Mannheim

 

Das Anforderungsprofil, das an einen Hochschullehrer gestellt wird, hat sich in der letzten Dekade stark verändert und erweitert. Teilweise wird der Hochschullehrer als Zehnkämpfer gesehen, der Forschung, Lehre, akademische Selbstverwaltung, Drittmitteleinwerbung, Medienpräsenz, unternehmerische Institutsführung usw. gleichzeitig angehen muss. Auf der anderen Seite hat gerade die Publikation von wissenschaftlichen Beiträgen in internationalen Zeitschriften eine besondere Aufmerksamkeit erlangt, wie z.B. auch die Diskussion um JOURQUAL im VHB belegt. Darüber hinaus mehren sich die Klagen, dass die Bereitschaft zur Übernahme von Leitungspositionen und organisatorischen Ämtern in den Fakultäten spürbar abnimmt. Diese Tendenz scheint auch mit dem akademischen Lebensalter der angefragten Kollegen zusammenzuhängen.

Der interessierte Teilnehmerkreis diskutierte über die Arbeitsbedingungen und Anforderungen von Nachwuchswissenschaftlern:

 

Haben wir als Verband eine Vorstellung, wie ein Zielprofil für den wissenschaftlichen Nachwuchs aussieht?

Zielvorstellung ist immer noch die Professur mit den in ihr vereinten diversen Rollen. Der Schwerpunkt liegt vor einer Berufung zur Professur auf der Forschung. Die Teilnehmer waren sich einig, dass er sich bislang danach durch Lehrtätigkeiten und den immer größer werdenden zeitlichen Anspruch der notwendigen Selbstverwaltung verschiebt – zum Nachteil einer erstklassigen Forschung.

Dieser Rollenwandel wirkt bislang abschreckend auf Bewerber. Die wissenschaftliche Karriere könnte an Attraktivität gewinnen, wenn klarer ist, was innerhalb einer Professoren-Stelle anteilig an Aufgaben aus Forschung/Lehre/Verwaltung auf einen Bewerber zukommt.

 

Bereitet die Qualifikationsphase Nachwuchswissenschaftler auf das ‚richtige’ Anforderungsprofil vor?

Die Qualität des wissenschaftlichen Nachwuchses wird an Rankings gemessen, so dass für eine Berufung das Ranking der Publikationen wichtiger geworden ist. Da diese Rankings länderspezifisch uneinheitlich sind, die deutschsprachige universitäre Ausbildung im weltweiten Vergleich nicht gut beurteilt wird und Veröffentlichungen in deutschen Journalen im Ausland nicht sehr geschätzt sind, steht der Nachwuchs hier vor einem Problem.

 

Unterscheiden sich die Karrierepläne zukünftiger Wissenschaftlergenerationen von denen der Vergangenheit?

In der Diskussion wird die Befürchtung geäußert, dass Karriere, gemessen an Publikationen und Rankings, zu sehr gewichtet wird und auf Kosten der Lehre geht. Die Strukturierung der Ausbildung hat auf Kosten wissenschaftlicher Freiheiten zugenommen. Der Weg in die Professur ist heutzutage weniger klassisch und geht eher über die im Ausland fachspezifisch mehr vorhandenen Stellen und eine anschließende Rückberufung.

 

Welche Maßnahmen bieten wir dem Nachwuchs an, damit die wissenschaftliche Karriere im Vergleich zur Industriekarriere konkurrenzfähig ist?

Wettbewerbsfähig innerhalb der Wissenschaft zu sein, bedeutet diskussionsfähig zu sein. Diese Eigenschaft wird z.B. innerhalb der DFG-Graduiertenkollegs gefördert. Die Strukturierung dieser Nachwuchs-Programme bietet eine gute Orientierung und den erforderlichen finanziellen Rahmen durch Stipendien und Kostenerstattungen. Die gelebte Gruppenarbeit dort geht mit den heutigen Teamanforderungen an Führungskräfte konform.

Im Vergleich hierzu sieht man in der „klassischen“ Ausbildung beim einzelnen Doktorvater die Gefahr einer zu frühen Spezialisierung und damit Einschränkung des notwendigen wissenschaftlichen Austausches.

Aus Sicht der Universitäten wird in einer die Lehrstühle entlastenden Mehrfachbetreuung der Doktoranden und dem zusätzlichen Verfügbarmachen von Zeit und finanziellen Mitteln eine Anregung der Forschung gesehen.

Kein Modell für sich garantiert Erfolg. Das Experimentieren mit kombinierten Modellen wie an der GESS in Mannheim oder der „Tenure-Track-Professur“ in München entlastet durch institutionalisierte Betreuung die Lehrstühle. Es sorgt durch verpflichtende Auslandstätigkeit der Wissenschaftler für die erforderliche internationale Vernetzung und Anerkennung der Forschung und durch die Mitarbeit an den Lehrstühlen für administrative Erfahrung. Diese Pluralität könnte die Wissenschaft auch für Unternehmen durchlässiger machen.