Nachwuchspanel 2010

Alternative Wege zur Promotion

 

TeilnehmerInnen:

Prof. Dr. Manfred Schwaiger; Dr. Leonhard Dobusch; Jun.-Prof. Dr. Frauke Lammers; Prof. Dr. Michael Oesterle; Prof. Dr. Jörg Sydow

 

Viele mit Lehrstuhlarbeiten betraute Wissenschaftliche Mitarbeiter sehen Teilnehmer an Graduiertenkollegs als „Edel-Assistenten“, die sich ausschließlich auf ihre Forschungsaktivitäten konzentrieren dürfen. Andere schätzen die klassische „Lehrstuhl-Karriere“ ob der damit verbundenen Teamarbeit, der praktischen Erfahrung einer Arbeit in hierarchischen Organisationsstrukturen und des Kontakts mit Praxispartnern. Hat angesichts dieser Rahmenbedingungen die externe, häufig berufsbegleitende Promotion noch Zukunft? In der Podiumsdiskussion wurden drei Modelle vorgestellt: das Graduiertenkolleg, die klassische Promotion und die externe Promotion.

Beim Graduiertenkolleg können die Stipendiaten hundertprozentige Forschungsarbeit leisten, da sie keine Anbindung an einen Lehrstuhl haben. Das Programm ist sehr dicht, vor allem in den ersten Semestern. Die Promotionszeit ist kürzer als bei der klassischen Promotion. Gute Abschlusserfolge, sowohl in der Zahl der Promovierten als auch der Promotionszeit, werden durch Selektion und Betreuung erreicht. Nicht zu unterschätzen ist jedoch sowohl der soziale wie auch der finanzielle Druck. Das Stipendium endet nach drei Jahren, die Zukunft ist für die Stipendiaten dann vergleichsweise ungewiss. Das Studienprogramm der Graduiertenkollegs ist als Methodenprogramm aufgebaut, wobei sowohl qualitative als auch quantitative Verfahren gelehrt werden. Erst- und Zweitbetreuung werden vom Fachbereich übernommen. Vorteile des Graduiertenkollegs sind neben der Interdisziplinarität der Ausbildung die kurze Studiendauer, die volle Konzentration auf die Forschung und das erweiterte Betreuungsteam: Die Kollegiaten haben drei Dissertationsbetreuer, erst gegen Ende entscheidet sich, wer erster, zweiter bzw. dritter Gutachter ist. Der Nachteil ist, dass man „nur“ dem akademischen Arbeitsmarkt ein attraktives Profil zu bieten hat.

Die klassische Promotion ist ein Meister-Schüler-Verhältnis. Es besteht eine strukturelle, psychologische und auch hierarchische Abhängigkeit des Doktoranden zum Doktorvater, der im Gegenzug idealer Weise seinen Fürsorgepflichten nachkommt. In guten Konstellationen dieser wechselseitigen Abhängigkeit profitiert der Lehrstuhlinhaber von der Arbeit des Doktoranden in den Bereichen Forschung, Lehre und Administration, während der Doktorand die Ressourcen des Lehrstuhls in Form von Forschungsgeldern, Netzwerken und Praxiskontakten (mit)nutzen darf. Er wird zudem nicht nur sehr gut für eine zukünftige akademische Laufbahn vorbereitet, sondern erwirbt mit seiner Einbindung in Lehre, administrative Aufgaben und Forschungsprojekte zudem Kernkompetenzen für den späteren Einsatz in der Wirtschaftspraxis.

Die externe Promotion wird nicht als Auslaufmodell gesehen. Auch künftig werden Nachwuchsakademiker neben einer beruflichen Tätigkeit (ggf. im Rahmen einer zeitlich beschränkten beruflichen Freistellung) promovieren wollen. Räumliche Nähe zu einer Universität muss nicht zwangsweise gegeben sein. Und selbst wenn das nicht der Regelfall sein wird: auch ehemalige externe Doktoranden haben sich wissenschaftlich so attraktiv qualifiziert, dass sie mittlerweile an renommierten Universitäten in Amt und Würden sind. Im Einzelfall gilt es zu prüfen, ob die Berufstätigkeit die Teilnahme an den zahlreich installierten verpflichtenden Doktorandenausbildungsprogrammen in zeitlicher Hinsicht ermöglicht.

Fazit: Ein Königsweg wird nicht gesehen; wer sich früh auf die akademische Karriere festlegen will, wird gewisse Vorteile im Graduiertenkolleg sehen. Die klassische Promotion bietet eine breitere Qualifikation, wobei im Einzelfall sehr viel vom konkreten Arbeitsumfeld abhängt. Externe Promotionen werden weder von Doktoranden noch Ordinarien als unattraktiv gesehen, allerdings können berufliches Engagement und Teilnahme an Doktorandenprogrammen unüberwindbare zeitliche Konflikte auslösen.