"Der Beitrag des VHB und der gesamten BWL für die Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen – in einem entscheidenden Jahrzehnt"

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder im VHB,

100 Jahre VHB, 100 Jahre Beiträge zur Entwicklung der BWL – damals wie heute ist die BWL eine Wissenschaftsdisziplin, die einen wich­tigen Beitrag zur Bewältigung der großen Herausforderungen für Unternehmen und Gesellschaft leisten kann und muss.

Der VHB wurde am 26.11.1921 in einer Zeit gegründet, in welcher nach dem ersten Weltkrieg unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen Reparationszahlungen an die alliierten Siegermächte erfüllt werden mussten. Streiks, Putsche und die sich zur Hyperinflation entwickelnde Geldentwertung führten, unterbrochen durch fünf „Goldene Jahre“ ab 1924, infolge der Weltwirtschafts­krise 1929/1930 – nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Probleme mit hoher Arbeitslosigkeit – zu erheblichen gesellschaftlichen und politischen Konflikten und schließlich mit allen Folgen in den Nationalsozialismus. Nach dieser Katastrophe entwickelte sich – unter einem wichtigen Beitrag der BWL – die deutsche Wirtschaft in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmezeiten sehr gut – wie das trotz Corona-Krise auch derzeit der Fall ist.

Aber trotzdem haben wir auch heute – 100 Jahre und 100 Tage nach Gründung – große politische und gesellschaftliche Herausforderungen mit erheblichen wirtschaftlichen Wechselwirkungen: 50 Jahre nach der Publikation im März 1972 der von der VW-Stiftung finanzierten Studie „Limits to Growth“, in denen die CO2-Emmissionen nahezu so angestiegen sind, wie das damals für den Fall vorhergesagt wurde, dass es zu keinen durchgreifenden Änderungen kommt, erkennen wir immer stärker die negativen Folgen des dadurch hervorgerufenen Klima­wandels. In das öffentliche Bewusstsein rückt damit, dass ohne tiefgreifende kurzfristig wirksame Veränderun­gen in diesem Jahrzehnt auch die damalige Prognose eintreten könnte, dass es Mitte des 21. Jahrhunderts zu einem unkontrol­lier­baren Kollaps kommen dürfte.

Aber die Begrenzung des Klimawandels mit allen seinen Implikationen ist bei weitem nicht die einzige Herausforderung. Neben den tektonischen Veränderungen in den globalen Beziehungen weisen die technologischen Ver­änderun­gen – auch und gerade im IT-Bereich – viele wirtschaftliche Chancen und Risiken zugleich auf. Die globale Migration, die resiliente Aufstellung zur Bewältigung künftiger systemi­scher Krisen und hierzulande insbesondere der Fachkräftemangel stellen weitere schwierige Probleme für unser Land und unsere Wirtschaft dar.

Wir sehen Unternehmen als wichtigen Teil zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Wir als BWLer*innen müs­sen mit unserem direkten und indirekten Einfluss auf Unternehmen und unserem direkten Einfluss auf unsere Studierenden dazu beitragen, dass dies künftig noch deutlich besser und nachhaltiger gelingt als zu Zeiten unserer Gründung in den 1920er Jahren. Und zwar nicht irgendwann, sondern in diesem entscheidenden Jahrzehnt mit allen Folgen für die nächsten 100 Jahre.

Im VHB ist es mit Ihrer Unterstützung gelungen, in diesem Jubiläumsjahr einige ganz besondere Projekte zu realisieren. Mit dem Jubiläumskalender haben über 100 von Ihnen prägnante BWL-Schlaglichter beigesteuert, von absoluten Klassikern bis hin zu zukunftsträchtigen Neuheiten aus unserem Fach. Dem Aufruf zur „#VHB100 Social Media-Challenge“ sind ebenfalls eine ganze Reihe von Mitgliedern gefolgt und haben kurze kreative Beiträge zum Thema „Was trägt die BWL bei?“ gepostet. „100 Jahre VHB-Geschichte“ stellt bereits erschienene und neue Beiträge zur Entwicklung des Verbands zusammen. Einen Kurzfilm zur VHB-Entwicklung präsentieren wir Ihnen am 8. März und die Ausstellung „100 Jahre BWL in Bildern“, kuratiert von Barbara E. Weißenberger und Team, ist bereits online zu besichtigen.

Ein Höhepunkt des Jubiläumsjahrs ist die Jubiläumstagung des VHB, die 100 Jahre und 100 Tage nach unserer Gründung mit unserer Mitgliederversammlung am 8. März 2022 beginnt. Auch mit unserem Verbandsnamen wollen wir an diesem Tag im 21. Jahrhundert ankommen. Schließlich gibt es in der BWL inzwischen viele Hochschullehrerinnen. Auch unser Verband hat 626 weibliche Mitglieder, das sind 22,3 %. Wir als VHB-Gesamtvorstand werben um Zustimmung, unsere Satzung in diesem Sinne zu ändern. Da passt es ins Bild, dass der 8. März 2022 zufälligerweise auch Weltfrauentag ist. Sie werden in einer ganzen Reihe von Berichten sehen und hören können, dass wir in vielen für unsere Weiterentwicklung wichtigen Bereichen – z.B. bei der DFG – in den letzten Jahren sehr gut vorangekommen und auch derzeit auf einem guten Wege sind. Lassen Sie uns gemeinsam daran weiterarbeiten, dass uns dies auch künftig gelingt.

Barbara E. Weißenberger und ihrem Team von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist es in einer hervorragenden Zusammenarbeit mit dem VHB-Gesamtvorstand und vielen sehr engagierten WKs gelungen, eine großartige Jubiläumstagung zu organisieren. Neben den vielen inhaltlich spannenden Beiträgen werden Sie auch erfahren, welche neuen Möglichkeiten es aufgrund unseres Engagements beispielsweise im Hin­blick auf Forschungsdaten gibt, wie wir in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere durch die Einrichtung des Expert-Pools, vorangekommen sind und wie wir bei all dem weiter vorankommen wollen. Auf dem Jubiläumspanel diskutieren wir den Beitrag der BWL zur Bewältigung der Grand Challenges und wollen auf der ganzen Tagung und im Nachgang mit möglichst vielen von Ihnen vertiefen, welche Lösungs­beiträge wir hierzu leisten können und müssen.

Unser ganz besonderer Dank für die Ausrichtung und Organisation der nunmehr digitalen Tagung unter erneut erschwerten Bedingun­gen gilt Barbara E. Weißenberger und ihrem Team zusammen mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in Düsseldorf.

Allen, die sich für die Tagung und den Verband engagieren, danke ich ganz herzlich für ihren Einsatz für unser Fach in den vergangenen 100 Jahren. Für den VHB wünsche ich uns, dass sich dieses Engagement nicht nur hält, sondern so weiter­entwickelt wie das in den letzten Jahren der Fall war. Und ich hoffe und wünsche uns insbesondere, dass wir gemeinsam den Blick auf die Zukunft der BWL und die Frage lenken, wie wir alle unser Fach für die nächsten Jahrzehnte ausrichten können und müssen. Wir wollen unsere große wissenschaft­liche Community auch in Zukunft stärken und damit unseren Beitrag für die großen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen leisten, gerade auch in diesem wichtigen Jahrzehnt.

Ich freue mich darauf, Sie während unserer Tagung bei den verschiedenen Gelegenheiten im virtuellen Raum und viele von Ihnen danach persönlich zu treffen. Bis dahin wünsche ich Ihnen stets gute Gesundheit!

Mit herzlichen Grüßen bin ich

Ihr Hans Ulrich Buhl
Vorsitzender