Die Leistungsorientierte Mittelvergabe und ihre Feinde

Carola Jungwirth, Universität Passau

Die Leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM) ist ein zentrales Element der Hochschulsteuerung. Wissenschaftliche Einheiten oder Individuen erhalten ihre Mittel in Abhängigkeit von ihrem Beitrag für das Hochschulziel. Sogar Wirtschaftswissenschaftler*innen und ihre Fakultäten lehnen LOM vehement ab.

Von 2016 bis 2020 war ich Präsidentin der Universität Passau, einer mittelgroßen Universität in Ostbayern, die ihren guten Ruf der (Aus)Bildung in den Fächern Jura und Betriebswirtschaftslehre verdankt. Ich war davon überzeugt, dass LOM auf individueller Ebene die Anreize für leistungsstarke Kolleg*innen erhöhen würde - ohne die weniger leistungsstarken Kolleg*innen signifikant einzuschränken: die über LOM individuell zu verteilenden Mittel machen nur etwa 1,5 % des Gesamtbudgets aus. Zusätzliche Personalstellen, Budgets und Räume werden auf dem Verhandlungsweg vergeben - und damit in einem intransparenten Verfahren. Die LOM macht also Leistungsunterschiede transparent und erkennt gute Leistungen an. Sie hat keine Auswirkungen auf die Möglichkeit, Leistungen zu erbringen.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Die Universität war und ist dagegen und die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät war und ist es auch.

Die Arbeiten von Margit Osterloh und Antoinette Weibel sind mir gut bekannt und ich verweise hier beispielhaft auf den Überblicksartikel von Osterloh und Weibel (2008) mit dem Titel "Managing Motivation - Verdrängung und Verstärkung der intrinsischen Motivation aus Sicht der psychologischen Ökonomik"1. Osterloh und Weibel argumentieren, dass monetäre Anreize, z.B. über variable Lohnbestandteile, intrinsische Motivation zerstören, die aber Voraussetzung dafür sei, dass Mitglieder einer sozialen Gemeinschaft zur Produktion von Kollektivgütern beitragen. Demgegenüber werde die intrinsische Motivation und damit die Bereitschaft zur Mitwirkung durch Partizipation, prozedurale Fairness und normativ geprägte Entscheidungskontexte der Mitglieder gefördert.

Gehen wir zurück zu LOM. Sie stellt keinen Lohnbestandteil dar, sondern ist ein Allokationsmechanismus zur Verteilung knapper öffentlicher Güter auf die Mitglieder der Hochschulgemeinschaft. Ich selbst hatte immer den Aspekt der Wertschätzung und der prozeduralen Fairness mit LOM verbunden. Das Kollegium hingegen war davon überzeugt, dass Gleichverteilung das gute Klima in den Fakultäten eher sicherstellt als ausgeklügelte Allokationsmechanismen.

Tatsächlich kann ich heute der Idee etwas abgewinnen, dass die normative Kraft der Gleichverteilung aktivierend wirkt: wenn die „lemons“2 einer Fakultät sich durch die Gleichverteilung verpflichtet fühlen, ihr Leistungsniveau auf den Durchschnitt anzuheben, und damit die Leistungsfähigkeit der Hochschulen sukzessive erhöhen, dann wird aus dem „market for lemons“ ein „market for plums“.

Wenn das so ist – und auch hier existiert noch ein erheblicher Forschungsbedarf –, schließe ich mich dem Kollegium an: auch ich bin und werde gegen eine LOM auf individueller Ebene sein.

Carola Jungwirth, Universität Passau

Quellenangaben:

Osterloh, Margit & Weibel, Antoinette (2008) Managing Motivation - Verdrängung und Verstärkung der intrinsischen Motivation aus Sicht der psychologischen Ökonomik. WiST: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 37 (8). 406-411.

Akerlof, George A. (1970) The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism. Quarterly Journal of Economics, 84 (3). 488–500.